Albert Einstein sagte: »Nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt hin zur vegetarischen Ernährung.«
Vor rohem Fleisch ekelte ich mich schon als kleines Kind. Auch mit dem Finger berühren mochte ich es nicht. Obwohl mir schon damals bewusst war, dass Tiere denken und fühlen können, aß ich fast jeden Tag Fleisch. Das war normal. Alle aßen Fleisch — außer am Freitag.
Auf meinem Weg zum Vegetarier passierte mir die ersten zwei Jahre immer wieder dasselbe: Nach zehn bis zwölf fleischlosen Tagen fuhr ich nichtsahnend mit dem Fahrrad ins Harder Dorfzentrum um einzukaufen. Obwohl vor und während der Fahrt kein einziger Gedanke an eine tierische Mahlzeit aufkam, bremste ich urplötzlich in Höhe des Fleischerladens. Wie von einem monströsen Magneten angezogen, sog es mich schnurstracks und passgenau mit dem Vorderrad in den Bügel des Fahrradständers. Das Wasser rann mir buchstäblich im Mund zusammen. Ich stieg vom Fahrrad ab und dachte: »Ich brauche jetzt etwas Anständiges zwischen die Kiemen!«
Ich öffnete die Ladentür und sagte: »Guten Tag. Ich hätte gern zwei Semmeln mit zwei dicken Scheiben Fleischkäse.«
Die Dame hinter der Wursttheke lächelte mich an und fragte: »Mit Mayonnaise?«
Ich lächelte zurück und nickte zweimal.
Die zwei Semmeln mit Fleischkäse verschlang ich gleich vor der Fleischerei. Vier Bissen pro Semmel — mehr brauchte ich nicht. Dann war mir schlecht. Richtig schlecht. Der Fleischkäse lag wie Stahlbeton in meinem Magen. Die Gewissensbisse nagten an mir und ich schwor mir jedes Mal aufs Neue: »So! Das war das letzte Mal, dass ich eine Fleischerei betreten hab!«
War ich zu der Zeit irgendwo zum Grillen eingeladen, dachte ich mir: »Jetzt ist es eh schon tot. Jetzt liegt es eh schon auf dem Teller. Zwei-, dreimal im Jahr kann ich mir eine Wurst oder ein Stückchen Fleisch schon gönnen. Außerdem: Mich unter all den Fleischessern als Vegetarier zu outen, würde den anderen den Appetit verderben.«
Mit der Zeit verschwand der gelegentliche Gusto auf Fleischliches und die Lust auf pflanzliche Kost begann. Das hatte nicht nur den unschätzbaren Vorteil, dass mir das Essen nun nicht mehr stundenlang im Magen lag. Ich erlebte auch eine mentale Befreiung. Tief in meinem Unterbewusstsein wusste ich ja von dem unsagbaren Leid in der Massentierhaltung.
Heute kann ich nicht mehr verstehen, wie ich jemals Tiere essen konnte. Wenn ich im Supermarkt einkaufe, umgehe ich die Fleisch- und Wurstabteilung großräumig, da mir von dem ekelhaften Gestank schlecht wird. Komme ich der offenen Fleischtheke zu nahe, würgt es mich regelrecht. Wenn ich früher von den skandalösen Zuständen in den Tierfabriken gehört hatte, dachte ich mir: »Bei uns hier in Vorarlberg, mit den kleinbäuerlichen Strukturen, ist die Welt noch in Ordnung.«
Heute weiß ich: Nur der Schein ist wirklich rein. Wir benötigen dringend eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch, mit Informationen über die Art der Haltung, das verwendete Futter, den Transportweg und die Schlachtung. Am besten mit Schockbildern wie auf den Zigarettenschachteln.
Paul McCartney sagte: »Wenn Schlachthäuser Glaswände hätten, würden alle Menschen vegetarisch leben.«